Reisebericht zur Kaffee-Tour in Sumatra

Motivation und Vorbereitung

Seit mittlerweile etwa 3 Jahren bin ich Besitzer einer Siebträgermaschine mit einer dazugehörigen Mühle. Da es meine erste Siebträgermaschine ist, musste ich mich zuerst in die Kunst der Kaffee-Zubereitung einarbeiten. Zugleich erkannte ich mit Freude, dass es eine Vielzahl an kleinen und grösseren Kaffee-Röstereien und entsprechend ein grosses Angebot an lokal gerösteten Kaffeebohnen gibt. In den vergangenen drei Jahren konnte ich die Technik zum Einstellen des Geschmacks eines Espressos mit Hilfe des Mahlgrads und der Variation der Bedingungen an der Siebträgermaschine so weit erlernen, dass ich mich im Stande sehe, das Potential von geröstet vorliegenden Kaffeebohnen ausschöpfen zu können. Ein grosser Vorteil von Kaffeebohnen ist, wie bereits erwähnt, das grosse Angebot an unterschiedlichen Röstereien und deren Kaffeebohnen. Um von dieser grossen Vielfalt Gebrauch zu machen, habe ich wiederholt Kaffeebohnen von unterschiedlichen Röstereien bestellt.

Eines Tages bin ich nach dem Trinken eines Espressos auf das Siegel auf der Kaffeepackung aufmerksam geworden. Auf dem Siegel stand lediglich «Orang Utan Coffee» und die Kaffeebohnen wurden auch von der Rösterei als Orang Utan Coffee vermarktet. Ich kann sagen, dass ich versuche, allgemein einen umweltbewussten Konsum an den Tag zu legen, wobei ich in dieser Hinsicht leider nicht als Vorbild dienen kann. Zugleich muss ich auch gestehen, dass für mich die meisten Siegel und Zertifikate auf Produkten nicht selbsterklärend sind und zum Teil auch einen dubiosen Eindruck machen. Deshalb habe ich eine gewisse Skepsis gegenüber Siegeln oder Zertifikaten, welche bescheinigen sollen, dass die Umweltbelastung durch das jeweilige Produkt minimal sein sollte. Um meine Neugierde zu stillen, was nun hinter dem Label «Orang Utan Coffee» steckt, recherchierte ich im Internet auf der Webseite des «Orang Utan Coffee» Projekts. Nebst Informationen zur Herkunft des Kaffees und den Bedingungen der Kaffeebauern gab es einen Link zum Sumatra- Orang-Utan-Schutzprogramm (SOCP) mit der Bemerkungen, dass ein Teil des Erlöses beim «Orang Utan Coffee» Projekt dem SOCP zugute kommt. Des weiteren gab es eine Rubrik auf der Webseite, welche mit Coffee-Tour bezeichnet war. Darin wurde mitgeteilt, dass die Organisation gewillt ist, Gruppen-Touren für Interessierte in das Anbaugebiet dieser Kaffeebohnen und den Regionen des SOCP zu organisieren. Dieses Inserat hatte sofort mein Interesse geweckt. Denn ich wollte mein Wissen über den Kaffeeanbau und die Verarbeitung der Kaffeebohnen vertiefen und hierfür bevorzugt eine Kaffeeplantage oder ein Kaffeeanbaugebiet besuchen. Zugleich würde ich meiner Wanderlust wieder mal nachkommen, in eine tropische Region reisen und eines der wenigen Regionen auf der Welt besuchen können, welcher ein natürlicher Lebensraum für Orang-Utans bietet.  

Nach Anfrage per Mail wurde mir bestätigt, dass nach einer Covid-bedingten Pause die Kaffee-Tour für 2023 wieder geplant ist. Nach einem Telefonat mit Holger Welz, welcher einer der Initianten des Projekts ist, fällte ich die definitive Entscheidung, an der Kaffee-Tour im Mai 2023 teilzunehmen. Holger konnte mir in unserem Telefongespräch vor allem von seiner Erfahrung mit den Leuten vor Ort berichten und davon überzeugen, dass die Kaffee-Tour in einem kollegialen Umfeld stattfindet und einen authentischen Einblick in die dortige Gesellschaft erlaubt. Wie sich später herausstellen sollte, trafen erfreulicherweise beide Prognosen vollkommen zu und meine diesbezüglichen Erwartungen wurden vollständig erfüllt. 

Anreise und Ankunft

Unsere Tour startete in Medan an einem Sonntag. Damit wir am Sonntag früh losfahren konnten, war vorgesehen, dass alle Teilnehmer am Samstag in Medan eintreffen und die Nacht dort im gleichen Hotel verbrachten. Ich musste hierfür am Freitag in Zürich abfliegen, um am Samstagabend in Medan anzukommen. Der Flug über Nacht war angenehmer für mich als erwartet, da ich glücklicherweise den grössten Teil der Flugzeit schlafen konnte. In Medan angekommen, wurde ich von einem lokalen Fahrer abgeholt, welcher mich zum Hotel fahren sollte. Bei der Fahrt vom Flughafen zum Hotel konnte ich mich ganz zu meiner Freude von der Fähigkeit von Google-Translate überzeugen lassen, eine grosse Anzahl Sprachen übersetzen zu können. So konnte ich mich mit meinem Fahrer eine Konversation führen, wodurch die relativ lange Reisezeit vom Flughafen in die Stadt mir kürzer vorkam.

Die erste Nacht in Sumatra war sehr angenehm, da ich entgegen meiner Erwartung trotz der Zeitumstellung die ganze Nacht durchschlafen konnte. Ich hatte in den darauffolgenden Tagen und Nächten auch keinen Jet-Lag. Wir waren mit Holger vier Teilnehmer an der Kaffee-Tour. Dazu haben uns noch lokale Mitarbeiter des Orang Utan Coffee Projektes begleitet, welche in der Regel im Büro in Medan tätig sind.

Bukit Lawang und das Sumatra-Orang-Utan-Schutzprogramm (SOCP)

Die erste Reise führte uns von Medan nach Bukit Lawang. Bukit Lawang ist eine kleine Ortschaft, welche an der Grenze des Leuser Nationalparks liegt. Übernachtet haben wir in der Ecolodge. Die Ecolodge zeichnet sich durch eine imposante Bambus-Konstruktion des Hauptgebäudes aus. Des weiteren wird auf eine nachhaltige Landwirtschaft wert gelegt, so dass das Essen und Trinken nur aus biologischem Anbau stammt. In der Ecolodge haben wir unseren lokalen Führer Ipol kennengelernt. Ipol ist ein sehr naturverbundener Mensch, der der Natur grosse Hochachtung entgegenbringt und die Zeichen der Natur vielleicht wie kein anderer zu verstehen vermag. Nachdem wir in der Ecolodge eingecheckt und uns von der Anreise kurz ausgeruht haben, konnten wir einen Ausflug am Nachmittag zu einem kleinen Fluss machen und uns darin mal abkühlen. Bei der hohen Luftfeuchtigkeit in der Nähe des Dschungels war die Abkühlung im Wasser eine willkommene Erfrischung. Am nächsten Tag stand der Besuch der SOCP  Auffang- und Pflegestation auf der Agenda. Der Leiter vor Ort ist Dr. Ian Singleton. Er ist seit mehr als 20 Jahren in Sumatra tätig und hat sich den Schutz der Population der Sumatra Orang-Utans auf die Fahne geschrieben. Ohne wirklich eine Beurteilung abgeben zu können, scheint er meinen Beobachtungen nach mit den Einheimischen fliessend Indonesisch zu sprechen. Wir wurden in die Ziele, die durchgeführte Arbeit und die Planung des Schutzprogramms eingeweiht. Dr. Ian Singleton hat uns die Anlage im Detail vorgestellt. Dabei konnten wir feststellen, dass sowohl junge Orang-Utans als auch ältere ausgewachsene Tiere gehalten werden. Die jungen Orang-Utans haben entgegen ihren älteren Artgenossen die Möglichkeit, in den Dschungel eingeführt und in die Wildnis zum Teil eingegliedert zu werden. Vielen der älteren Orang-Utans kann der Schritt in die Wildnis nicht zugetraut werden, weil entweder das fremde Umfeld für sie eine Bedrohung darstellt oder sie ungewollt zu einer Bedrohung für ihr Umfeld werden können. Für solche Menschenaffen, welche nicht mehr mit gutem Gewissen im Nationalpark freigelassen werden können, wurde das Projekt «Orangutan Haven» ins Leben gerufen.

Orangutan Haven

Das Projekt zielt darauf ab, den Affen, welche ihr restliches Leben in einer Obhut verbringen müssen, eine möglichst natürliche Umgebung zur Verfügung zu stellen. Zugleich sollen Besucher von aussen auch die Möglichkeit erhalten, die Orang-Utans zu besichtigen und ein Bewusstsein für deren Existenz und Bedeutung aufzubauen. 

Die Aufenthaltsgebiete der Orang-Utans sind bereits erstellt. Das sind kleine Inseln, umgeben von Wasser, die jeweils mit einer zentralen Insel verbunden sind. Auf der zentralen Insel sind die Orang-Utan-Häuser untergebracht, wo der gesundheitliche Zustand der Orang-Utans überprüft werden kann und wo sie Nahrung und eine trockene Unterkunft finden. 

In diesen Häusern können die Orang-Utans voneinander getrennt gehalten werden. Von jedem Haus aus führt ein Steg auf eine Insel, so dass individuelle Orang-Utans keine anderen Inseln, sondern nur ihre Insel erreichen können. Da Orang-Utans wasserscheu sind, besteht scheinbar keine Gefahr, dass sie versuchen würden durch das Wasser zu waten, um auf eine benachbarte Insel zu gelangen. Um jedes Risiko auszuschliessen, wurde zusätzlich ein Elektrozaun installiert.  Die Besucher dieses Parks sollen in den Genuss eines Verpflegungsstandorts kommen, das sich zur Zeit unserer Reise noch im Bau befand. Geplant ist ein Komplex in Bambus-Architektur, welches mit der Umgebung einheitlich und mit seiner Gestalt eindrucksvoll wirken soll. Es gibt bereits eine fertiggestellte Brücke in Bambus-Konstruktion, welche aufgrund ihrer Architektur und Konstruktion jetzt schon selbstständig eine Attraktion ist. 

Gayo-Hochland und Takengon

Nach einem Aufenthalt von 2 Nächten in Bukit Lawang und der Bekanntschaft mit den Orang-Utans in ihrem geschützten und natürlichen Lebensraum stand der Besuch der Kaffee-Bauern und ihren Plantagen im Gayo-Hochland auf dem Programm.

Gayo Hochland

Genauer gesagt war das Ziel unserer nächsten Reise die Stadt Takengon, welche aufgrund der Höhenlage und der Nähe zum See bei Einheimischen als Ausflugsort beliebt ist. Da zur Zeit unserer Reise kein Direktflug von Medan nach Takengon durchgeführt wurde, reisten wir per Flugzeug zur Küstenstadt Lhokseumawe, von wo aus wir anschliessend mit dem Auto ins Landesinnere in die Gayo-Hochebene fuhren. Takengon befindet sich in der Region Aceh, welche den nördlichen Teil der Insel Sumatra bildet und in welcher offiziell islamische Scharia-Gesetze gelten. Da wir in der Reisegruppe allgemein Bedacht waren, uns als Touristen den einheimischen Gegebenheiten und Regeln anzupassen, haben wir die fundamentalistische Gesetzgebung in dieser Region im Vergleich zu den vorherigen Ortschaften nicht bemerkt. Am ehesten war das Verbot von jeglichen alkoholischen Getränken wahrzunehmen, wobei dieses auch unter ganz bestimmten Bedingungen und Gegebenheiten scheinbar umgangen werden konnte. Der Aufenthalt in Takengon betrug drei Nächte und zwei volle Tage. In den zwei Tagen war das Ziel, die beim Orang Utan Coffee Project teilnehmenden Kaffeebauern zu besuchen. Die Kaffeebauern sind jeweils einer Sammelstelle zugeordnet, so dass die Ernte einer Gruppe von Kaffeebauern stets in der gleichen Sammelstelle zusammenkommt. Zum einen werden die Kaffee-Bohnen der verschiedenen Bauern so durchmischt und die Schwankungen von einzelnen Bauern ausgeglichen, und zum anderen kann die Herkunft der Kaffee-Bohnen bei der Qualitätskontrolle bis zur jeweiligen Sammelstelle rückverfolgt werden. An unserem ersten Ausflugstag in Takengon haben wir Mulyadi besucht, welcher der erste Kaffeebauer des Orang Utan Coffee Projects ist. Vor etwa 12 Jahren wurde Mulyadi angeboten, in das Projekt einzusteigen und die Bewirtschaftung seiner Pflanzen an die Bedingungen des Projektes anzupassen.

Kaffee Sammelstelle

Das Ziel der Kaffeeernte und des Vertriebs von Orang Utan Coffee ist, dass ein nachhaltiger, ökologischer Kaffeeanbau betrieben wird, von welchem die Kaffeebauern finanziell profitieren und zugleich ein Teil des Gewinns aus dem Vertrieb der Kaffee-Bohnen in das Schutzprogramm für Orang-Utans einfliesst. Auf diese Weise erhält das SOCP eine fortwährende finanzielle Unterstützung, eine wachsende, nachhaltige Einkommensquelle, die hoffentlich eines Tages die Abhängigkeit von Spendengeldern vermindern wird.

Nach dem Erwerb von Mulyadi als ersten Kaffeebauer hat sich das Netzwerk der teilnehmenden Kaffeebauern stets vergrössert. Allerdings war den Projektleitern wichtig, dass auch das Wachstum natürlich und nachhaltig erfolgt. So war der aufgebrachte Aufwand zum Überzeugen von Kaffeebauern zur Teilnahme am Projekt eher begrenzt. Gemäss den Berichten der Kaffeebauern kommen nun externe Kaffeebauern auf die im Orang Utan Coffee Project teilnehmenden Kaffeebauern zu und erkundigen sich nach der Möglichkeit zur Teilnahme am Projekt und den dabei gestellten Anforderungen. Besonders interessant war für mich die Besprechung bei einer Sammelstelle, bei welcher die Kaffeebohnen im Geschmackstest, dem Cupping, keine zufriedenstellende Performance boten. Die möglichen Ursachen und Gründe hierfür wurden offen in einer Runde besprochen. Dabei wurde die Meinung und Einschätzung der Kaffeebauern explizit angefordert und die vorzunehmenden Überwachungsschritte von der Ernte bis zur Sammelstelle abgestimmt. Die offene Kommunikation in der Runde war als Aussenstehender überraschend und zugleich aufgrund der angesprochenen Themen sehr lehrreich. Die Besprechung zwischen der Projektleitung und den Kaffeebauern unterstrich zusätzlich die Transparenz, die im Orang Utan Coffee Project gelebt wird und die für das Vertrauen der Konsumenten und der Glaubwürdigkeit des Projektes von grosser Bedeutung ist. 

Die Reisen zu den Kaffeebauern waren mit einer in der Regel mehrstündigen Fahrt in einem geländefähigen Wagen verbunden. Die Verkehrsmittel in Sumatra scheinen aus Motorrädern und geländefähigen Wagen zu bestehen. Dies ist sicherlich vor allem dem Zustand der Strassen geschuldet. Während der Fahrt zu den Kaffeebauern wurde uns immer wieder faszinierende Aussichte auf die Landschaft des Gayo-Hochlands geboten. Die dunkelgrünen Farben des Regenwaldes wechselten sich mit dem saftigen Grün der Reisfelder ab, während am Horizont sich immer wieder der Takengon-See zeigte. Ehrlicherweise muss auch gesagt werden, dass trotz der schönen Landschaft die zahlreichen Fahrten in der gesamten ersten Woche der Reise eine Reisemüdigkeit mit sich brachten. Wir waren es uns schlichtweg nicht gewohnt, mehrere Tage hintereinander etlichen Stunden am Stück im Wagen zu sitzen und zu reisen.

Ertu zu Mittag bei den gastfreundlichen Kaffeebauern

Für die Verpflegung während den Reisen zu den Kaffeebauern sorgten die Kaffeebauern und ihre Familien selbst. So wurden uns zum Mittag lokale Speisen serviert, die von den Familien der Kaffeebauern liebevoll zubereitet wurden. Das Essen wurde in grossen Schüsseln serviert, aus welchen alle auf ihre eigenen Teller schöpfen konnten. 

Obwohl Takengon als Urlaubsziel für Einheimische gilt, gibt es eine überschaubare Anzahl an Übernachtungsmöglichkeiten, die einen europäischen Standard annähernd erreichen. So waren wir drei Nächte in einem Hotel, welches den tiefsten Komfort unter den Hotels auf unserer Reise bot, untergebracht. Das ist bedingt durch den bescheidenen lokalen Standard der Hotelangebote. Zu den Highlights in Takengon gehörte der Besuch einer Gaststube für das Abendessen, welche privat von einer alten chinesischen Dame geführt wurde. Sie schaffte es in drei aufeinander folgenden Abenden, uns unterschiedliche Spezialitäten der indonesischen und auch chinesischen Küche zu servieren, auf die wir uns jeweils mit Vorfreude warteten. Dass keine weiteren Gäste bedient wurden und wir als Gruppe an einem grossen Tisch sassen, sorgte für eine familiäre Atmosphäre am Tisch. Der zur grossen Freude von einzelnen Gruppenmitgliedern servierte Reiswein mochte die Stimmung am Tisch noch zusätzlich zu erhöhen. Für das Frühstück wurde uns als Alternative zum Buffet im Hotel ein Nudelladen empfohlen, welches wir nach unserem ersten Besuch die darauffolgenden Tage auch besucht haben. Zu unserer Überraschung wies der Nudelladen auch eine Konditorei auf, welche frisches Gebäck verkaufte, das wir in dieser Qualität in dieser Region nicht anzutreffen erwarteten. Denn vielleicht, wie im ganzen ostasiatischen Raum, scheint auch in Indonesien der Konsum von Brot nicht verbreitet zu sein. 

Nach unserem Aufenthalt in Takengon trennten wir uns in zwei Gruppen. Während die erste Gruppe die Reise zurück nach Medan antrat, machten wir in einer zweiten Gruppe uns auf den Weg nach Bande Aceh, um von dort mit der Fähre auf die Insel Pulau Weh zu gelangen.

Bande Aceh

Die Reise von Takengon nach Bande Aceh war die letzte mehrstündige Autofahrt. Da wir es zeitlich nicht direkt auf die Fähre nach Pulau Weh schaffen konnten, übernachteten wir in Bande Aceh. Die Stadt, welche von der Tsunami im Jahr 2004 schwer getroffen wurde, scheint seine Wunden geheilt zu haben. Bis auf das Tsunami-Museum sind zumindest auf den ersten Blick keine Spuren mehr von der katastrophalen Wirkung des Tsunamis mehr ersichtlich.

Mit der Ankunft auf der Insel Pulau Weh hatte eigentlich der zweite Teil der Reise begonnen. Entgegen dem ersten Teil der Reise mussten wir keine längeren Fahrten mehr auf uns nehmen und das Erholen und Abschalten in wunderschöner Umgebung mit Aussichten gleich den Bildern aus Reisemagazinen stand im Vordergrund. Pulau Weh weist den nördlichsten Punkt von Indonesien auf. Die Insel ist ein beliebtes Ausflugsziel für die Einheimischen am Wochenende. Internationale Gäste besuchen die Insel vor allem aufgrund der guten Tauch-Bedingungen. Entsprechend war die Insel unter der Woche sehr ruhig und die Ruhe und Entschleunigung war uns nach dem ersten Teil der Reise auch sehr willkommen. 

Pulau Weh

Nach weiteren vier Tagen auf der Insel Pulau Weh voller Entspannung mussten wir die Rückreise antreten. Zuerst ging es mit der Fähre zurück nach Bande Aceh, von wo aus wir mit dem Flugzeug nach Medan flogen. Nach einer Nacht in Medan ging es am nächsten Tag für die Teilnehmer zu individuellen Zeitpunkten in die jeweiligen Herkunftsorte. 

Fazit

Die Reise bot mir nicht nur zwei Wochen Abwechslung vom Alltag und von der Arbeit in der Schweiz, sondern ermöglichte mir einen Einblick in die Gesellschaft und in die Natur von Indonesien und insbesondere von Sumatra zu gewinnen. Obwohl ich bereits von früheren Indonesien-Besuchern stets gehört hatte, dass die Leute sehr herzlich, warmherzig und freundlich sind, war es sehr schön und eindrucksvoll, die Freundlichkeit der Leute vor Ort spüren und erleben zu können. Nebst den Menschen vermochte mich die Natur der Insel Sumatra in allen von uns bereisten Gebieten zu faszinieren. 

Beim Bereisen von Sumatra sahen wir etliche Palmölplantagen, was natürlich auch eine Realität auf der Insel ist. Es würde grosse Anstrengungen und viel Zeit benötigen, um diese Monokulturen durch nachhaltigen Agroforst zu ersetzen zum Wohl der Lebensgrundlagen der lokalen Bevölkerung (z. B. Öko-Tourismus, Wasser), der Wissenschaft (Heilpflanzen) und Natur (z. B. Artenvielfalt). Zu wenig beachtet wird die Bedeutung der Regenwälder als Lebensraum für Tiere und Pflanzen. Sumatras Regenwälder werden jedes Jahr kleiner, bedingt durch die wachsende Wirtschaft, die die Waldflächen für Plantagen, Strassen und Siedlungen beansprucht. Diese Lebensraumzerstörung ist der Hauptgrund für das Schwinden der Orang-Utan-Bestände und die Ausrottung vieler Tier- und Pflanzenarten. Aus diesem Grund ist die Erhaltung der tropischen Regenwälder eine absolute Priorität. Das Sumatra-Orang-Utan-Schutzprogramm zeigt eindeutig, dass dieser Entwicklung lediglich mit grossem Elan, grosser Motivation, Bereitschaft auf Seiten der Entscheidungsträger, allen voran der Staat, und nicht zuletzt mit bedeutenden Investitionen entgegengewirkt werden kann. Es braucht die aufopferungsvolle Arbeit der Leute vor Ort, um den Lebensraum dieser Tiere zu bewahren und diesen wenn möglich noch zu verbessern. Es ist nicht schwierig Zuspruch und gute Worte für ein solches Projekt zu finden. Die Arbeit und das Wirken des Projekts, ist aber grösstenteils von Spendengeldern abhängig. Dessen sind sich natürlich auch die Mitglieder im Projekt bewusst und versuchen zum Beispiel mit dem Orangutan Haven, zusätzliche Einnahmequellen für das Projekt zu generieren und zugleich ein Bewusstsein für die Landschaft und die Tiere in der Bevölkerung zu schaffen. An diesem Punkt knüpft auch der Orang Utan Coffee an. Das Ziel des Orang Utan Coffee´s ist ein nachhaltig geführter Kaffeeanbau, dessen Ertrag unter anderem dem SOCP zugute kommt. Somit erhalten die Konsumenten dieses Kaffees die Möglichkeit, mit dem Genuss eines biologisch angebauten Kaffees die Bauern vor Ort in ihrer nachhaltigen Landwirtschaft zu unterstützen und zugleich dem Sumatra-Orang-Utan-Schutzprogramm eine gesicherte finanzielle Einnahmequelle für die Umsetzung der Projekte zur Verfügung zu stellen. Auf der Reise erhielt ich stets einen ungeschminkten Blick in die Arbeit der Kaffeebauern. Von den Kaffee-Plantagen bis zur manuellen Aussortierung der grünen Kaffeebohnen konnte ich alle Verfahrensschritte besichtigen und mich direkt mit den dabei beschäftigten Personen unterhalten. Zugleich stand das Team des Orang Utan Coffee`s jederzeit bereit, entweder meine Fragen direkt zu beantworten oder falls nötig eine Übersetzerrolle zwischen mir und den lokalen Arbeitern zu übernehmen. Für die aufschlussreichen Einblicke und Informationen des Kaffeeanbaus und der Kaffeeverarbeitung als auch für die entgegengebrachte Geduld bei der Beantwortung meiner Fragen bin ich dem ganzen Orang Utan Coffee-Team sehr dankbar. Ich konnte mit Hilfe der Reise aus erster Hand erfahren, was hinter dem Kaffee steckt. Allein das Anbieten einer Kaffee-Reise selbst zeugt von der Bereitschaft der Initianten zur Transparenz, wofür Orang Utan Coffee steht. Es ist schwierig, Aussenstehenden einen tieferen Einblick in die durchgeführte Arbeit des Kaffeeanbaus und der Kaffee-Verarbeitung vor Ort zu geben. Der Siegel des Orang Utan Coffee`s gewinnt durch diese Transparenz an Bedeutung und damit auch das Vertrauen der Konsumenten, Händler und Röster. 

Nicht zuletzt konnte ich auf der Reise Bekanntschaft mit humorvollen und intelligenten Menschen machen, die schnell zu Freunden wurden. Aufgrund der kleinen Grösse unserer Reisegruppe stellte sich schnell eine familiäre und lockere Atmosphäre ein, wodurch es zu einem stimmigen Miteinander kam. Die positive Atmosphäre kam sowohl beim gemeinsamen Essen als auch bei den Ausflügen stets zum Ausdruck. 

Ertu Cakir